Leuchten und Inklusion – Merlin Berent

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Der Future Forward Gewinner im Interview

Auf der BLICKFANG Hamburg 2024 konnten unsere Besucherinnen und Besucher den Stand von Merlin Berent entdecken. Der Future Forward Gewinner reiste zur Messe mit seiner Faro-Leuchte. Über seinen Weg, Inspirationen und warum er ein Kartenspiel designt hat, haben wir gesprochen.

Lieber Merlin, bitte stell dich mal kurz vor

Ich bin Merlin Berent, 26 Jahre alt und Designstudent in Münster. Bin ursprünglich gestartet mit einer Tischlerlehre. Habe die durchgezogen und mich dann berufen gefühlt noch bisschen weiterzumachen. Nochmal tiefer in die gestalterische Richtung zu gehen. Habe mich dann für dieses Gestaltungsstudium in Münster entschieden. Hier sitze ich auch gerade.

Weil du gerade meintest, du hast erst eine Tischlerlehre gemacht. Würdest du sagen, das Praktische und „selbst anpacken“ ist wichtig und hilft dir heute immer noch sehr?

M: Ich glaub, das hilft mir sehr beim Gestalten von Produkten, weil ich direkt anders in den Gestaltungsprozess hineingehen kann. Ich kann direkt die Fertigung mitdenken oder zumindest darüber nachdenken, wie kann das am Ende auch realisiert werden. Das rein Praktische, weil ich aus dem Handwerk komme, ist immer in meinem Hinterkopf dabei. Das lässt mich strategisch nachdenken, was auch gut funktionieren kann. Also es hilft mit total und ich mag es selber gerne. Es hilft mir, meine Entwürfe realisieren zu können. Alles in allem ist es ein großer Mehrwert, dass ich diese Ausbildung gemacht habe.

Du warst bei der BLICKFANG Hamburg mit deiner Leuchte ‚Faro‘ dabei. Was begeistert dich an Leuchten?

M: Erstmal begeistert mich die Komplexität dieses Produktes. Es ist eine große Herausforderung, das zu machen, wobei man ja alles aufeinander abstimmen muss. Da sind so viele kleine Sachen, die irgendwie miteinander harmonieren müssen, sodass man schlussendlich ein großes Puzzle zusammenbaut. Diese Komplexität reizt mich irgendwie. Auf der anderen Seite ist eine Leuchte auch etwas, dass prägend für eine Raumwirkung sein kann und die gesamte Atmosphäre beeinflusst. Ich hatte vorher noch keine Leuchten gebaut und wollte es einfach mal ausprobieren.

Die Inspiration für die Leuchte, die auch bei der BLICKFANG dabei war, ist eine Straßenlaterne. Ist für dich der Alltag allgemein Inspirationsquelle oder woher nimmst du deine Inspiration?

M: Ich versuche schon, mich umzuschauen und die Augen offenzuhalten. Ich war mal in Berlin und da gab es ein Ort, ich glaube sogar das war am Bauhausarchiv. Da waren Straßenlaternen, die hatten diesen extrem runden Leuchtkörper. Die Form war anders, aber diese Straßenlaternen haben mich bei dem Entwurf total inspiriert. Alltagsgegenstände mit einzubeziehen, zu abstrahieren, vielleicht nochmal einfacher darzustellen. Das sind Formen, die uns allen bekannt sind, und somit es leicht machen, dass wir uns auf eine Formsprache einlassen können. Ich bin ein großer Freund, einfach und simpel zu gestalten, in der Formgebung, als auch bei der Farbigkeit. Ich glaube, es ist cool, Alltagsgegenstände zu nehmen, da wir schon visuell daran gewöhnt sind. Ich will mich jetzt nicht darauf festlegen, dass ich das immer so mache, jedoch hat es jetzt einmal gut für mich funktioniert.

 

Was macht für dich gutes Design aus und wo liegt der Unterschied zu einer Lampe im Baumarkt im Vergleich zu einer Designleuchte?

M: Also erstmal in einer Hochwertigkeit, das Produkt muss hochwertig verarbeitet sein. Das Produkt hat ein Alleinstellungsmerkmal, sollte intuitiv bedienbar sein. Wenn ich da eine Brücke schlage zu meiner Leuchte, dann ist das der Knopf, der heraussticht aus dieser ziemlich monochromen Farbgestaltung. Der soll zeigen „hier kannst du mich bedienen“ und das trägt zur intuitiven Bedienung bei. Das ist für mich aber auch ein Gestaltungsmerkmal, das ein Charakter verleiht, was etwas besonders gibt, das zeigt, dass die Leuchte nicht von der Stange ist. Für mich macht gutes Design aus, dass es sich nicht an Trends orientiert. Ich finde, man sollte abseits der Trends arbeiten und sich die Frage stellen, „kann das funktionieren? Jetzt und in 50 Jahren?“

Ist deine Lampe nachhaltig?

M: Also ich habe auf jeden Fall darauf geachtet, dass das Leuchtmittel austauschbar ist. Die Glaskugel lässt sich abschrauben, dann kann man das Leuchtmittel wechseln. Auch auf der Unterseite, da ist eine Abdeckung. Die lässt sich abschrauben. Somit kommt man im Nachhinein an die Technik, um auch da zu reparieren, anstatt sie komplett wegzuschmeißen. Heutzutage werden Leuchten so konstruiert, dass da eine Platine drin ist und wenn die nicht mehr leuchtet, kannst du sie eigentlich nur noch entsorgen. Bei mir kann man die Materialien auch komplett voneinander trennen, um sie rechtmäßig zu entsorgen.

Du warst zum ersten Mal bei der BLICKFANG Designmesse mit dabei. Welche Resonanz hast du bekommen?

M: Super viel, super viele Gespräche geführt. Großes Lob an euch Blickfang Team. Ich fand es mega cool, wie ihr mich da aufgenommen habt. Wenn man eine Frage hatte, konnte man direkt zu euch kommen und ihr wart super hilfsbereit. Offen für Gespräche hattet ihr immer eine Idee wie man mit Schwierigkeiten umgehen kann. Wie als wir den Teppich verlegt haben. War einfach cool und ich habe mich sehr wohl aufgenommen gefühlt. Für mich gabs zwei Sachen. Erstmal der Kontakt zu Leuten aus der Branche, wo ich viele Gespräche führen konnte, bezüglich Vertrieb oder Herstellung. Da konnte ich gute Kontakte knüpfen.  Die Resonanz, die ich bekommen habe, von Leuten, die Besucher auf der Messe waren, ist vielseitig. Wünsche, Einschätzungen, wo sehen sie das Produkt, was gefällt denen gut, wo würden sie aus persönlicher Sicht sagen „mmh ist mir vielleicht bisschen zu groß für diesen Ort oder wäre das Licht gerichteter könnte ich sie für mich besser nutzen.“

Da muss ich jetzt grad noch schauen, wie ich mit diesem Feedback umgehen. Ob ich jetzt schaue, da haben 5 Leute gesagt „guck doch mal, dass die bisschen kleiner ist“, ob ich das in den nächsten Entwurf mit einbeziehe, da ich gerade am Überarbeiten bzw. weiterzudenken bin. Verkauft hab ich tatsächlich nicht so viel. Paar Anfragen habe ich bekommen, da hab ich am Anfang gedacht, da passiert bestimmt mehr. Ich glaube aber, dass das Produkt eins ist, das man nicht einfach so mitnimmt. Das ist eher so „ja ich muss zu Hause nochmal schauen, erstmal messen wo´s überhaupt reinpasst. Wie ist der Platz in meinem Schrank“. Weil die Tischleuchte auch relativ groß ist. Das ist schon ein spezielles Produkt, wo man schon mit einer Idee reinkommen muss. Ich glaube, das hat die Kaufkraft der Leute ein bisschen gemindert. Trotzdem bin ich extrem zufrieden mit der Resonanz der Leute, mit der ganzen Messeerfahrung.

Weil du bereits von weiteren Entwürfen gesprochen hast. Was sind deine Projekte in der Zukunft?

M: Was ich gerade mache, ist die Weiterentwicklung dieser Leuchte zu einer Produktfamilie. Ich bin aktuell an der Akademie und dabei mein Abschlussprojekt zu beenden. In zwei Monaten etwa muss ich das abgeben und hab noch viel zu tun. Mein Abschlussprojekt dreht sich darum, den Entwurf nochmal weiterzuentwickeln. Auf seine Machbarkeit, einen industriellen Herstellungsprozess zu prüfen und eine Leuchtenfamilie daraus zu machen. Ein stehendes Modell, ein hängendes Modell, da bin ich jetzt in der Entwurfsphase. Ich schaue wie kann dieser Entwurf passend zum Ursprungsentwurf dieser Faero-Leuchte, welche ich auch auf der Messe dabei hatte, aussehen. Wie kann man den dann auch realisieren am Ende.

Damit auch ohne Leuchte ein Licht aufgeht

Dann am Ende will ich nochmal was anderes kurz ansprechen. Auf deiner Website hast du ein Kartenspiel für Blinde und Sehbeeinträchtigte Personen. An sich hat das ja nichts mit Leuchten zu tun. Wie kamst du darauf?

M: Das war auch eine Arbeit, die hier im Studium entstanden ist. Ich komme eigentlich aus einer grafischen Richtung. Ich habe Fachabi gemacht in einem grafisch gestaltenden Bereich, bin dann aber ins Handwerkliche gerutscht. Das Kartenspiel wollte ich so machen, dass es für alle Menschen gut funktioniert. Egal ob sie dazu neigen Karten in Mund zu nehmen, ob sie nicht gut sehen können. Alle Menschen sollten mit einbezogen werden. Dann bin ich für meine Recherche zum Blinden- und Sehbehindertenverein hier in Münster gekommen. Die haben mich beraten mit „Was braucht dieses Kartenspiel, damit Blinde und Seheingeschränkte auch damit spielen können?“. Sie haben mir auch davon abgeraten, sie meinten so „Merlin, wir wollen nicht was, was alles kann, weil man sich dann wieder zu viel vornimmt, dann das Produkt darunter leidet.“ Somit habe ich mich auf den Blinden- und Sehbehinderten Bereich festgelegt. Dann mit Ihnen das Kartenspiel entwickelt, wo eine Blindenschrift darauf ist, wo ich die Symbole leicht verändert habe, wo stärkere Kontraste da sind. Somit hat man ein Skatblatt was jeder spielen kann, egal welche Sehstärke noch da ist.

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