Vom Bühnenbildner zum Designerschreiner
Stephan Schwendimann ist einer unserer Future Forward Gewinner an der BLICKFANG Zürich. Obwohl er schon lange als Schreiner tätig ist, hat er nun erst seine erste Kollektion veröffentlicht. Die BLICKFANG ist begeistert von seinen Designs und wollte vorab etwas mehr vom Züricher und seinem Moebelraum erfahren.
Hallo Stephan, stell dich doch kurz vor.
S: Ich bin Stephan Schwendimann. Ich bin schon lange mit meinen Projekten und meiner Werkstatt selbstständig. Dabei habe ich mir Kompetenzen in Textil-, Holz- und Metallverarbeitung angeeignet. Außerdem war ich lange für ein Theater tätig.
Wie kamst du zum Theater?
S: Mich zog es zum Theater durch mein Interesse an Bühnenbild und Szenografie. Die künstlerische Umsetzung von Texten und das interdisziplinäre Arbeiten faszinierten mich früh. Beim Bühnenbild verbindet man Handwerk mit viel Technik und realisiert ungewöhnliche Dinge. Die ständige Materialsuche und das Tüfteln machten mir großen Spaß. Jedes Projekt war einzigartig und das breite Wissen, das ich dabei erwarb, eröffnete mir viele Möglichkeiten.
1994 hast du den Moebelraum gegründet. Dort hast du dann auf Wunsch Möbel gefertigt?
S: Ich begann mit Projekten als Bühnenbildner am Theater, was sich als wenig lukrativ erwies. Auf der Suche nach einem zusätzlichen Standbein erinnerte ich mich an meine Ausbildung im Möbelbau und nahm kleine Aufträge an. Viele Kunden hatten Wunsch-Möbel im Kopf, konnten sie aber nicht visualisieren. Hier kam ich ins Spiel.
Bei diesen Aufträgen taste ich ab, welche Möbel die Kunden bereits haben und welche Philosophie sie verfolgen, um darauf Rücksicht zu nehmen. Es ist eine schöne Arbeit, aber man bedient eben eine Kundschaft. Mehr kreativen Spielraum habe ich bei eigenen Projekten, wo ich ohne Rücksicht auf potenzielle Käufer arbeiten kann. So ist zum Beispiel das ‚verso‘ entstanden.“
Was wünschen sich deine Kund:innen?
S: Es ist schwer, etwas Allgemeingültiges zu sagen. Oft macht es Sinn, ein Möbelstück vom Schreiner anfertigen zu lassen, wenn Standardlösungen für die vorhandenen Räume nicht passen. Im Grunde kann es alles sein, was man in einem Haus findet. Allerdings sollte es sich um etwas handeln, das es nicht von der Stange gibt. Sonst wären die Preise im Vergleich zu Massenprodukten unverhältnismäßig hoch. Die Kunden wünschen sich also meist individuelle Lösungen, die genau auf ihre Bedürfnisse und Räumlichkeiten zugeschnitten sind
Gab es schonmal komplett unrealistische Wünsche?
S: Unrealistische Wünsche können sehr unterschiedlich sein. Einige Kunden haben wenig Ahnung von den Kosten individueller Anfertigungen. Sie wünschen sich regionale Produkte, sind dann aber überrascht über die höheren Preise im Vergleich zu Möbelhäusern. Die Herausforderung besteht darin, diese Kunden heranzuführen und offen zu kommunizieren, wann welche Herstellung zu welchem Budget passt.
Von der Gründung 1994 bis zu deiner ersten Kollektion 2022, ist ja doch eine gewisse Zeit vergangen. Warum jetzt doch?
S: Eigene Produkte zu entwickeln war schon immer mein Ziel. Bei den ersten zwei Messen überhaupt hatte ich einen Stand mit einem Stahlmöbelgestell, das allerdings keinen Erfolg hatte. Es war eher ein Objekt als ein Gebrauchsmöbel. Diese Erfahrung hat mich geprägt und dazu geführt, dass ich einige Projekte überdacht habe. Seitdem achte ich darauf, ob ein Produkt in Serie am Markt funktionieren kann oder besser als Einzelstück bleibt. Die Entwicklung brauchte Zeit. Ich habe oft mit Linoleum gearbeitet, mag das Material sehr und habe viel an den Kantenausführungen getüftelt. Dabei entwickelte ich eine klare Vorstellung davon, wie ein hochwertiges Produkt aussehen sollte. So ist die Idee für meine aktuelle Kollektion langsam gereift.
Das Besondere an deinem Tisch sind die Beine. Was hast du dir dabei gedacht?
S: Bei der Entwicklung der Tischbeine hatte ich mehrere Überlegungen:
- Ich stellte fest, dass es für Einzelbeine wenig Auswahl gab. Das war eine Marktlücke, die ich füllen wollte.
- Der gestalterische Aspekt war mir sehr wichtig. Die Lösung sollte sowohl ästhetisch harmonisch als auch funktional sein.
- Statische Herausforderungen haben mich schon immer fasziniert. Ich wollte die Grenzen der Materialien ausloten.
- Die Form ergab sich letztendlich aus statischen Überlegungen. Sie ist in ihrer Einfachheit sehr effektiv.
- Die Konstruktion mit den drei feinen Kanthölzern war eine logische Folge dieser Überlegungen. Sie verbindet Stabilität mit einem leichten, eleganten Erscheinungsbild.
Insgesamt war es ein Prozess, bei dem ich praktische Anforderungen mit ästhetischen Ansprüchen und innovativem Design verbinden wollte.“
Die Platte ist aus Linoleum. Warum Linoleum und nicht Holz?
S: Linoleum gibt es schon lange in verschiedenen Qualitäten, und die Idee, es zu verwenden, ist nicht neu. Ich mag das Material wegen seiner Verarbeitung, des Dufts und der Farbmöglichkeiten. Es bietet viele gestalterische Freiheiten. Während Massivholztische oft zu viel Holz für meinen Geschmack sind, war Linoleum schnell als Tischoberfläche in meinem Plan
Du bietest auch Tabletts an – mit einem ganz bestimmten Twist….
S: Die Idee für die Tabletts entstand aus dem Wunsch, das übrig gebliebene Linoleum von den Tischen sinnvoll zu nutzen. Ich fand es schade, dieses Material einfach wegzuwerfen. Die Farbpalette des Linoleums ist besonders interessant, da es auf beiden Seiten unterschiedliche Farben hat.
Die besonderen Merkmale meiner Tabletts sind:
- Beidseitige Nutzbarkeit: Durch die Noppen können die Tabletts von beiden Seiten benutzt werden.
- Grifflose Gestaltung: Wir verzichten auf Grifflöcher, was das Design schlicht und funktional hält.
- Sicheres Servieren: Das Modell mit den Kufen bietet ein besonders sicheres Serviertablett.
- Vielseitigkeit: Die Tabletts können auch als erhöhte Untersetzer verwendet werden.
Ich hätte die Idee nicht weiterverfolgt, wenn ich etwas Ähnliches schon gesehen hätte. Die Einzigartigkeit des Designs war mir wichtig.
Hast du Erwartungen an deine Messeteilnahme?
S: Meine Erwartungen an die Messeteilnahme sind eher zurückhaltend, aber ich freue mich sehr darauf. Es ist nicht meine erste Erfahrung mit einem neuen Produkt auf dem Markt, und ich bin mir der Herausforderungen bewusst. Als ‚One-Man-Show‘ fehlen mir manchmal die Stärken im Verkauf und im Bereich Social Media. Dennoch bietet die Messe eine gute Gelegenheit, meine Website und Kollektion einem breiteren Publikum zu präsentieren. Eine wichtige Frage bleibt, wie ich potenzielle Kunden erreichen kann, und hier kann die Messe sicherlich helfen.
Die BLICKFANG ist gezielter ausgerichtet als andere Messen, was ich als Vorteil sehe. Trotz der Herausforderungen freue ich mich auf die Messe und bin offen für die Möglichkeiten, die sie bieten kann.
Vielen Dank