
Tina Grässli, Gründerin von xess+baba und ihr Partner und Ehemann Christian La Roche
Wer den besonderen Weg von xess+baba verstehen will, muss einen Blick hinter die Kulissen werfen. Dort findet man nicht nur außergewöhnliche Strickdesigns, sondern auch eine Geschichte von mutigen Entscheidungen, familiärem Zusammenhalt und der Kunst, sich in der Modewelt treu zu bleiben.
Die textile DNA
Die Geschichte von xess+baba beginnt während einer Textildesign-Ausbildung, in der die Gründerin Tina Grässli nicht nur Stricken, sondern unter Anderem auch Weben und Drucken erlernte. Doch war es der Zufall, der den entscheidenden Weg prägte: Eine geschenkte Strickmaschine fand den Weg ins Atelier während Webstühle und Drucktische fehlten. „Ich hatte keinen Webstuhl, keinen Drucktisch“, erinnert sich Tina Grässli, „und so konnte ich einfach mit der Stricktechnik weiterarbeiten.“ Diese Konzentration auf das Stricken führte zur Weiterentwicklung der Kreuzschlauch-Technik in welcher durch raffinierte Farbverläufe Bewegung erzeugt werden und von beiden Seiten tragbare Designs ermöglicht. Damit wurde durch eine geschenkte Strickmaschine der Grundstein für die charakteristische Handschrift des Labels gelegt.
Vom Experiment zum Erfolg
Was heute als etabliertes Label gilt, startete mit einem bemerkenswerten Tempo durch. Schon die ersten Kollektionen erregten in der Schweiz großes Aufsehen. Mit einem einfachen Presseversand – ein paar Fotos, ein Brief – löste sie in der Schweiz eine regelrechte Medienwelle aus. Plötzlich wollten alle das neue Label kennenlernen: Interviews, Fotoshootings, Fernsehauftritte. Die kreativen Performances, die das Label mit eigens komponierter Musik inszenierte, taten ihr Übriges. Was als experimentelles Designprojekt begann, entwickelte sich rasant zu einer gefragten Marke.
Das Wissen über die Wolle
Die Wahl des Materials ist bei xess+baba keine Frage des Zufalls. Die Merino-Wolle aus den südlichen Alpen wird von spezialisierten Firmen in Norditalien zu Garn verarbeitet und vereint außergewöhnliche Eigenschaften: Sie ist nicht nur langfaserig und damit besonders pilling-resistent, sondern auch extrem weich und stabil. „Die Merino-Wolle hat natürlich verschiedene gute Eigenschaften“, erklärt die Designerin. „Sie ist wärmeausgleichend, das heißt sie gibt nicht nur Wärme, sondern sie kann auch kühlen.“ Die antibakteriellen Eigenschaften und die Fähigkeit, Feuchtigkeit zu regulieren, machen sie zu einem perfekten Material für hochwertige Mode.



Die Kommende Winterkollektion W25 „Wild Shine“
Zusammen stark: Das Familiengeheimnis
Was xess+baba von anderen Labels unterscheidet, ist der starke familiäre Zusammenhalt. Hier treffen sich die unterschiedlichsten Talente: Die Designerin selbst bringt ihr textiles Know-how ein, Mann und Geschäftspartner – ursprünglich Pantomime und Jongleur sowie gelernter Bauzeichner – sein Gespür für Inszenierung und Organisation. Diese ungewöhnliche Kombination erweist sich als Glücksfall: Er weiß, wie man Produkte inszeniert, Läden gestaltet, ein Lager bewirtschaftet und die Finanzen im Blick hat. „Ohne Familie würde es gar nicht gehen“, gibt sie offen zu. In Zeiten, die für kleine Labels immer herausfordernder werden, ist es genau diese Kombination aus kreativer Expertise und unternehmerischem Denken, die das Label erfolgreich macht.
Vintage trifft Vision
2013 wagte das Label einen damals noch ungewöhnlichen Schritt: Sie übernahmen einen Second-Hand-Laden in bester Lage – lange bevor Second Hand zum Trend wurde. Was zunächst als pragmatische Entscheidung begann, entwickelte sich zu einem innovativen Geschäftsmodell. „Das bringt Bewegung in den Laden“, erklärt die Designerin. „Es hat immer Leute, die kommen, die bringen was, die holen was, die schauen nur oder kaufen ein“ Der ständige Wandel des Sortiments sorgt für regelmäßige Kundenbesuche, was auch den eigenen Kollektionen zugutekommt.
Besonders spannend findet die Designerin die Vielfalt, die der Second-Hand-Bereich bietet: „Wir sehen Designs aus aller Welt. Die Leute, die ihre Sachen bringen, bewegen sich auf der ganzen Welt, kaufen in Asien, in Amerika.“ Das ergibt ein einzigartiges Sortiment, das sich deutlich von den üblichen Boutiquen mit ihrem standardisierten Label-Mix abhebt.
Wahre Schönheit, echte Menschen
In einer Zeit, in der die Modeindustrie langsam umdenkt, geht xess+baba eigene Wege in der Präsentation ihrer Kollektionen. Die Entscheidung, in der letzten Kollektion mit reiferen Models zu arbeiten, spiegelt nicht nur die reale Kundengruppe wider, sondern trifft auch den Zeitgeist. Die positive Resonanz gibt ihnen Recht und zeigt einen größeren Wandel in der Branche: Weg von stark inszenierten, idealisierten Bildern, hin zu authentischeren Darstellungen.
Eigensinn statt Mainstream
Wenn man mit Tina über aktuelle Stricktrends spricht, spürt man sofort: Hier ist jemand, der die Modewelt genau beobachtet – und dennoch seinen eigenen Weg geht. Über aktuelle Trends zu zerstörten Oberflächen und voluminösen Designs ist sie bestens informiert. Doch sie folgt den Trends nicht blind denn sie weiß genau, was ihre Kund:innen möchten – und was nicht.
Wenn die Designerin über ihre Kund:innen spricht dann mit der Vertrautheit von jemandem, der seine Kundschaft wie alte Freunde kennt. Diese enge Bindung erlaubt es ihr, Trends auf ihre ganz eigene Art zu interpretieren. Statt blindem Trendfolgen entwickelt sie subtilere Variationen: Statt tatsächlich aufgelöster Maschen arbeitet die Designerin mit sich auflösenden Formen und Verdichtungen in der Farbgebung. Auch bei den Farben zeigt sich diese bedachte Herangehensweise. Während die einschlägigen Magazine die neuesten Farbtrends präsentieren – von erdig bis metallisch – wählt das Label gezielt die Nuancen aus, die zur eigenen DNA passen. „Man nimmt den Trend, aber setzt ihn auf seine eigene Art um“, beschreibt sie ihre Philosophie.
xess+baba beweist damit eindrucksvoll, dass echte Innovation nicht im Befolgen von Trends liegt, sondern im mutigen Festhalten an der eigenen Vision – gepaart mit der Bereitschaft, neue Wege zu gehen, wenn die Zeit reif dafür ist

Das xess+baba Ladengeschäft in Zürich


Die Frühjahrskollektion S25 „Glass Dome“ wird Tina mit zur BLICKFANG Basel bringen
Herausforderungen und Zukunftsvisionen
Nach 30 Jahren im Geschäft steht xess+baba vor neuen Herausforderungen. Der Wegfall des Zwischenhandels zwingt zu Umdenken und Anpassung. Die Antwort des Labels? Eine Mischung aus Bewährtem und Innovation. Neue Experimente mit Kaschmir-Beimischungen stehen an, während gleichzeitig über kommerzielle Adaptionen nachgedacht wird – ohne dabei die eigene Identität zu verlieren.
„Man muss einen Weg finden, wie man in dieser Enge eben doch kreativ ist“, sagt die Designerin. Oder wie sie es mit einem Augenzwinkern formuliert: „Man muss die eierlegende Wollmilchsau erschaffen.“ Diese Herausforderung nimmt das Label an – mit dem gleichen Pioniergeist, der es schon vor 30 Jahren auszeichnete.
Auf der BLICKFANG Basel 2025 kannst du Tina und ihre Designs vom 21.-23. März hautnah entdecken.
Die Tickets findest du hier:
Wenn du mehr über Tina und xess+baba erfahren möchtest, besuche ihre Website, indem Du hier klickst: