Claudia Güdel: Mode als Schutzschild für den Alltag 

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Manchmal braucht es einen Umweg, um seinen wahren Weg zu finden. Bei Claudia Güdel führte dieser Weg von der Modewelt weg – und wieder zurück. Was sie heute mit ihren Kollektionen kreiert, ist keine gewöhnliche Mode, sondern ein Angebot für den Alltag – Kleider, die Schutz bieten und gleichzeitig die Persönlichkeit stärken. Mit einem klaren Fokus auf Funktionalität, Nachhaltigkeit und dem Erhalt europäischer Handwerkskunst setzt die Designerin ein Statement in einer schnelllebigen Branche. Ein Gegenentwurf zum schnelllebigen Modebusiness, bei dem wohlwollender Umgang und langfristige Beziehungen im Mittelpunkt stehen. 

Von der Passion zur Distanz – und zurück 

Die Inspiration zur Mode kam früh: Als Kind beobachtete sie ihre Mutter, die als Hobbyschneiderin Tag und Nacht an Kleidungsstücken arbeitete. „Diese Passion hat mich wahnsinnig gepackt“, erinnert sich Güdel. Der Wunsch, selbst zu kreieren, war geboren – sei es als Modedesignerin oder Bildhauerin, Hauptsache erschaffen. 

Doch ein Praktikum in New York während ihrer Ausbildung öffnete ihr die Augen für die Schattenseiten der Branche. Zwischen den hochglanzpolierten Boutiquen der 5th Avenue und den Musterschneidereien in heruntergekommenen Gebäuden nur zwei Straßen weiter erlebte sie die krassen Gegensätze der Modewelt, die sie hinterfragen ließ, ob sie Teil dieses Systems sein wollte. 

Ein neuer Ansatz für eine neue Zeit 

Nach Jahren in anderen kreativen Bereichen, vom Kostümdesign bis zu interaktiven Medien, fand Güdel ihren Weg zurück zur Mode – allerdings mit einem völlig neuen Ansatz. „Ich wollte Schutzkleider machen“, erklärt sie. „Kleider, die eine Person durch den ganzen Tag begleiten und mit denen man ein gestärktes Rückgrat hat für all die Herausforderungen, die der neue Alltag bringt.“ 

Ihre Erfahrungen aus dem Kostümdesign für Tänzer:innen erwiesen sich dabei als wertvolle Inspiration. „Die Kostüme müssen sehr bequem sein, die Tänzer müssen sich darin bewegen können, und manchmal muss sich als Teil der Show ein Ärmel im richtigen Moment lösen“, beschreibt sie. „Gleichzeitig müssen sie pflegeleicht sein – die Outfits sind durchgeschwitzt und müssen für den nächsten Abend wieder frisch sein.“ Diese Anforderungen übertrug sie auf Alltagsmode für Menschen mit einem bewegten Leben zwischen Kinderkrippe, Job und Abendveranstaltungen. 

Funktionalität trifft Ästhetik 

Güdel entwickelt ihre Kollektionen nach einem ungewöhnlichen Prinzip: „Ich frage mich immer: Würde ich es selbst tragen? Würde ich es auf eine Wanderung mitnehmen?“ Nur Kleidung, die diesen Test besteht, schafft es in die Produktion. „Ich liebe es, wenn ein Kleidungsstück sich nicht klar zuordnen lässt. Wenn es elegant, aber auch rockig sein kann – wenn es die Persönlichkeit der Trägerin oder des Trägers unterstreicht, statt sie zu dominieren.“ 

Europäisches Handwerk bewahren 

Nachhaltigkeit bedeutet für Güdel vor allem eines: das Bewahren von handwerklichem Know-how in Europa. „Die Schweiz ist ein Dienstleistungsland, kein Produktionsland“, erklärt sie. „Aber in Europa verschwinden immer mehr Textilbetriebe. Es ist wichtig, dass wir dieses Wissen nicht verlieren.“ 

Diese Überzeugung prägt ihr gesamtes Geschäftsmodell. Ihre ersten Kollektionen fertigte sie mit einer Schneiderin in der Schweiz, finanziert durch ihre parallele Lehrtätigkeit. Heute arbeitet sie mit ausgewählten Produktionsstätten in Europa, gezielt mit langjährigen Partnern zusammen. Ihr Augenmerk liegt darauf, europäische Textilbetriebe zu stärken und wertvolles Handwerkswissen zu erhalten.  

Ein Schlüsselerlebnis prägte ihre Sichtweise schon früh: Auf der Suche nach einer günstigen Druckerei für Flyer wurde ihr durch die Worte einer Kollegin bewusst, wie wichtig es ist, regionale Anbieter zu unterstützen. „Wenn wir wollen, dass unsere Kunden Schweizer Design kaufen, müssen wir auch unsere Partner vor Ort suchen. Das war so ein richtiger Mind-Changer. Seitdem ist für mich klar: Mit wem ich arbeite, ist mir unglaublich wichtig.“ 

Eine besondere Partnerschaft verbindet Claudia heute mit Urs Landis, einem Einmann-Strickbetrieb in Turgi. Mit seiner innovativen 3D-Stricktechnik werden Kleidungsstücke nahtlos aus der Maschine gefertigt – das reduziert nicht nur den Materialabfall, sondern ermöglicht auch eine Produktion in der Schweiz.  

 „Das ist die Idee: Wenn die Maschine das ohne nachträgliche Näharbeit machen kann, dann kann man es trotz hoher Löhne für Handarbeit in der Schweiz produzieren“, erklärt Güdel die Bedeutung solcher Innovationen für den Produktionsstandort Schweiz. 

Der persönliche Touch 

Auch in ihren Boutiquen in Zürich, Basel und Bern setzt Güdel auf persönliche Beziehungen. „Ich arbeite mit wunderbaren Frauen zusammen, die die Geschäfte führen“, erzählt sie. „In Zürich ist Anna das Gesicht des Ladens, in Basel Sabine seit über zehn Jahren – die Leute kommen wegen ihnen.“ Diese persönliche Bindung ist entscheidend: Die Atmosphäre im Laden und die Kollektion müssen gut zusammenpassen. 

„In Bern war ich über 10 Jahre im Konzept Store TOKU swiss labels vertreten. Die Zusammenarbeit mit TOKU war so toll, dass ich kein eigenes Geschäft in Bern haben wollte. Aber dann hat mich TOKU kontaktiert als das angrenzende Geschäft frei wurde und wir haben die Idee entwickelt, die beiden Lokale zu verbinden und Seite an Seite zusammen zu arbeiten. Dieses gemeinsame Projekt hat richtig Spass gemacht und die Zusammenarbeit mit Mariann Lammerskitten (Toku) bringt frischen Wind in meine Arbeit.“ 

Materialien mit Geschichte 

Bei der Auswahl ihrer Materialien achtet Güdel besonders auf Transparenz und Nachhaltigkeit. So verwendet sie beispielsweise Pima-Baumwolle von einem deutschen Anbieter, der die gesamte Wertschöpfungskette dokumentieren kann – vom biologischen Anbau in den USA über das Spinnen und Weben bis zum Färben. „Mir ist wichtig, dass ich erklären kann, woher unsere Stoffe kommen und wer sie hergestellt hat.“

Zurück zu den Projekten 

Für die Zukunft hat Claudia Güdel klare Vorstellungen: Sie möchte wieder mehr Zeit für kreative Projekte haben. „Es ist eine große Bereicherung, Projekte mit anderen Menschen zu machen“, sagt sie. „Die letzten Jahre habe ich viel in meine Kollektion investiert. Ich will das ändern.“ Ob es dabei um neue Materialien, Upcycling oder andere Kooperationen geht – die Designerin will wieder mehr Raum für Experimente und Zusammenarbeit schaffen. 

Mit ihrem Ansatz zeigt Claudia Güdel einen anderen Weg in der Modewelt: Nicht schnelle Trends und Glamour stehen im Vordergrund, sondern langlebige, funktionale Mode, die Menschen durch ihren Alltag begleitet und dabei hilft, sich stark zu fühlen. Eine Mode, die schützt, unterstützt und dabei nie ihre Eleganz verliert. Oder wie sie es selbst mit einem Augenzwinkern beschreibt: Mode, die „bei jedem Wetter, zu jedem Anlass gut aussieht und funktioniert.“ 

Auf der BLICKFANG Basel 2025 kannst du Claudia vom 21.-23. März persönlich kennenlernen.

Wenn du mehr über Claudia Güdel und ihr Label erfahren möchtest, besuche ihre Website, indem Du hier klickst:

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