Wie entsteht ein Raum mit Seele? Ein Einblick in die Arbeit von Farthofer
Wer den Schauraum von Farthofer in Gösing betritt, merkt sofort: Hier geht es nicht einfach um Möbel, sondern um Haltungen, Materialien, um Räume, die Geschichten erzählen. Cordula Farthofer steht kurz davor, gemeinsam mit ihren Brüdern Jan und Jens in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten und den Familienbetrieb in vierter Generation weiterzuführen. Im Interview spricht sie darüber, was sie antreibt, was Gösing so besonders macht – und warum gute Gestaltung immer bei den Menschen beginnt.
Euer Standort in Gösing ist einzigartig – umgeben von Weinbergen und Natur. Wie wirkt sich das auf eure Arbeit aus?
„Gösing ist wirklich ein besonderer Ort. Man spürt hier sofort eine gewisse Ruhe und Klarheit. Diese Stimmung überträgt sich auf unsere Arbeit. Wir arbeiten viel mit Massivholz und anderen echten Materialien – das hat sicher auch damit zu tun, dass wir täglich mit der Natur leben und sehen, wie wertvoll und schön sie ist.
Auch das Dorf selbst inspiriert uns. Es gibt hier eine besondere Mischung aus Menschen – Künstler:innen, Ärzt:innen, Architekt:innen. Diese Vielfalt bringt viele unterschiedliche Blickwinkel mit sich. Wir schätzen den Austausch sehr, denn er regt uns an, immer wieder neu zu denken und zu gestalten.“
Ihr seid drei Geschwister, die den Betrieb in Zukunft weiterführen werden. Wie fühlt sich diese Verantwortung an – und was bringt ihr als nächste Generation mit?
„Es ist ein schönes, aber auch ein sehr bewusstes Gefühl. Wir sind mit der Tischlerei aufgewachsen, sie war immer Teil unseres Lebens. Jetzt stehen wir an dem Punkt, an dem wir das Familienerbe weitertragen dürfen.
Wir bringen unterschiedliche Erfahrungen mit – von Textil über Technik bis hin zur Architektur. Diese Mischung bringt frische Perspektiven, ohne dass wir die Wurzeln verlieren. Echtes Handwerk, Materialqualität und die Nähe zu Menschen prägen unseren Betrieb seit Generationen und bleiben unser Fundament."
Ihr verwendet vor allem massives, heimisches Holz sowie Materialien wie Stein, Glas und Stahl – alles naturbelassen oder in seinem Ursprung als Werkstoff. Wie gelingt es euch, diese verschiedenen Naturmaterialien zu einem harmonischen Ganzen zu verbinden?
„Vieles läuft intuitiv. Wir probieren aus, kombinieren, schauen, wie sich Materialien zueinander verhalten. Mehr als drei Hauptmaterialien pro Möbelstück sind oft schon zu viel. Aber wenn man die Materialien bewusst einsetzt, entsteht Harmonie und ein Möbelstück, das man gerne anschaut und berührt.”
Gibt es etwas, das eure Arbeit unverwechselbar macht – eine Art Handschrift von Farthofer?
„Ja, auf jeden Fall. Unsere Möbel erkennt man an ihren Proportionen und an der Klarheit der Formen. Mein Vater hat ein unglaubliches Gespür für Harmonie – er setzt oft ganz intuitiv den goldenen Schnitt ein. Dadurch entstehen Möbel, bei denen bestimmte Linien oder Flächen besonders betont werden. Das macht sie spannend, ohne dass man genau sagen kann, warum sie so stimmig wirken – es fühlt sich einfach richtig an.”
‚Räume mit Seele‘ – dieser Begriff fällt bei euch oft. Was genau bedeutet das für dich?
„Für uns beginnt jeder Auftrag mit Zuhören. Wir wollen verstehen, wer unsere Kund:innen sind, was sie mögen, wie sie leben. Manchmal sind die Vorstellungen sehr klar, manchmal müssen wir gemeinsam herausfinden, was wirklich passt.
Es geht nicht nur darum, einen Raum funktional einzurichten, sondern ihn so zu gestalten, dass er die Persönlichkeit seiner Bewohner:innen widerspiegelt. Wenn wir nach einiger Zeit sehen, dass die Möbel den Raum prägen und Teil der Geschichte der Bewohner:innen geworden sind, wissen wir: So soll es sein.”
Viele eurer Projekte begleitet ihr von der Planung bis zur Umsetzung. Was macht diesen Prozess so besonders?
„Wenn wir von Anfang an dabei sind, können wir dafür sorgen, dass am Ende alles zusammenpasst: Materialien, Proportionen, Lichtstimmungen. Das macht einen großen Unterschied.
Für viele Kund:innen sind wir mehr als nur die Tischlerei, die am Ende Möbel liefert. Wir sind eine Art roter Faden durch den oft stressigen Bau- oder Umbauprozess. Wir helfen, Entscheidungen zu treffen und sorgen dafür, dass alles stimmig wird. Dieses Vertrauen ist für uns sehr wertvoll.“
Euer Schauraum in Gösing lädt zum Entdecken ein – und seit Kurzem gibt es auch ein Gästehaus. Was erwartet Besucher:innen dort?
„Der Schauraum ist unser Herzstück. Hier können Menschen unsere Materialien sehen, anfassen, ausprobieren. Es ist ein Ort, an dem man sich Zeit nehmen kann, um wirklich zu spüren, wie sich Massivholz anfühlt.
Das Gästehaus ist für uns die logische Erweiterung: Zwei Apartments, komplett von uns gestaltet. Besucher:innen können hier einige Tage wohnen und erleben, wie es ist, mit unseren Möbeln zu leben. Es ist ein sehr direkter, persönlicher Weg, unsere Arbeit kennenzulernen.“
Wenn du dir etwas für die Zukunft des Handwerks wünschen dürftest – was wäre das?
Ich wünsche mir, dass der Wert von Handwerk und Qualität wieder stärker ins Bewusstsein rückt. Ein Möbelstück aus Massivholz ist nichts für eine Saison – es kann ein Leben lang halten, manchmal sogar länger. Gleichzeitig weiß ich, dass es für viele Menschen heute schwer ist, sich solche Möbel leisten zu können. Und auch für viele Tischlereien ist es nicht einfach, in einer Industrie zu bestehen, die immer billiger und schneller produzieren will. Wenn wir es schaffen, Menschen dafür zu sensibilisieren, dass Langlebigkeit und Nachhaltigkeit wichtiger sind als kurzfristige Trends, dann haben wir viel erreicht.