10 Jahre Felix Doll

Zehn Jahre, zehn Kollektionen, eine unverwechselbare Handschrift: FELIX DOLL steht für Schmuck, der durch Reduktion glänzt und durch Haltung besticht. Was 2015 mit wenigen handgefertigten Stücken aus einer Werkstatt in Nepal begann, ist heute ein Label, das für Präzision, Zeitlosigkeit und emotionale Tiefe steht.
Im Gespräch blickt Designer Felix Doll auf eine Dekade voller Mut, Wandel und Beständigkeit zurück – von der ersten Präsentation in Paris über seine langjährige Präsenz auf der BLICKFANG Zürich bis hin zur Gründung seines zweiten Labels OBO. Er erzählt von Entscheidungen, die sein Schaffen geprägt haben, von Krisen, die ihn stärker machten, und von seiner Überzeugung, dass gutes Design mehr ist als Stil: ein Ausdruck von Haltung, Klarheit und Kontinuität.

Gründer und Designer Felix Doll
Zehn Jahre FELIX DOLL – wenn du auf den Anfang 2015 zurückblickst: Was war der entscheidende Moment, in dem du wusstest, dass du diesen Weg wirklich gehen willst?
Wenn ich heute, nach zehn Jahren, zurückblicke, bin ich mir gar nicht sicher, ob ich 2015 wirklich wusste, worauf ich mich da einlasse. Ehrlich gesagt war ich einfach überzeugt, dass die Welt meinen Schmuck braucht – und dass ich es versuchen sollte. Sicher war ich mir aber nicht.
Ich hatte zwei Jahre vor der Labelgründung, während eines Stipendiums in Nepal, meine ersten Stücke nur für mich anfertigen lassen. Ich trug sie im Alltag, und viele Menschen sprachen mich darauf an. Das hat mir gezeigt, dass es offenbar ein Interesse an meiner Ästhetik gibt. Im Rückblick war ich also selbst eine Art Testlauf – einer, der glücklicherweise funktioniert hat.
Ein wichtiger Moment kam dann etwa drei Monate nach der Gründung: Ich erhielt die Zusage einer grossen Messe in Paris, die mich als «emerging talent» vorstellen wollte. Aus so vielen Bewerbungen ausgewählt zu werden, war für mich ein ganz starkes Zeichen. Da wusste ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin und diesen Weg wirklich weitergehen will.
Dein Label wurde 2015 in Paris vorgestellt – und wenige Monate später warst du bereits auf der Blickfang Zürich. Was hat dich damals an der Blickfang gereizt – und warum bist du ihr bis heute treu geblieben?

An der Blickfang 2015 hat mich besonders gereizt, dass es eine international aufgestellte, sehr gut kuratierte Messe war. Ich wollte mir damals einfach beweisen, dass ich bereit bin, auf so einem professionellen Niveau auszustellen – obwohl ich mir da noch gar nicht sicher war, ob ich das mit meiner noch jungen Marke wirklich bin.
Ich habe meine Marke tatsächlich auf der Blickfang gestartet – dort meinen Onlineshop eröffnet und meine allerersten Verkäufe gemacht. Das war also mein richtiger Startpunkt. Und es lief erstaunlich gut – ich habe sogar einen Preis von einem Modemagazin erhalten.
Die positive Resonanz, die tollen Gespräche und das interessierte Publikum haben mich motiviert, im nächsten Jahr wiederzukommen. Über die Jahre konnte ich mir dort eine sehr treue Kundschaft aufbauen und habe viele meiner Kollektionen erstmals auf der Blickfang gezeigt.
Ich finde, für ein Label sind Beständigkeit und Klarheit entscheidend – Consistency, wie man so schön sagt. Und genau das konnte ich durch meine regelmässige Teilnahme an der Blickfang Zürich wirklich leben und umsetzen.
Dein Schmuck lebt von klaren Linien, Reduktion und Präzision. Hat sich dein gestalterischer Ansatz über die Jahre verändert – oder eher geschärft?
Mein gestalterischer Ansatz hat sich über die Jahre eher geschärft als verändert. Die Linienführung in meinen Kollektionen folgt seit dem ersten Tag einem ganz klaren Regelwerk, das ich konsequent weiterverfolge. Jede neue Kollektion baut darauf auf und bleibt dieser Sprache treu.
Ich arbeite sehr reduziert – viele Dinge, die ästhetisch nicht zu meiner Formensprache passen, setze ich ganz bewusst nicht um. Dieser Verzicht ist für mich Teil des Designs. Stattdessen konzentriere ich mich auf wenige Formen und versuche, daraus jedes Jahr das Maximum herauszuholen. Das ist für mich immer wieder eine spannende gestalterische Herausforderung.
Die klaren Linien, die Geometrie, die Präzision – all das bleibt. Und auch die handwerkliche Basis ist dieselbe: es ist noch immer die gleiche Werkstatt in Nepal, mit der ich seit dem ersten Tag zusammenarbeite. Insofern hat sich der Grundgedanke meiner Arbeit nicht verändert – er ist einfach klarer und präziser geworden.
Viele deiner Stücke sind über Jahre erhältlich – Kollektionen A bis J bauen aufeinander auf. Was bedeutet für dich der Begriff „zeitloses Design“?
Für mich bedeutet zeitloses Design, dass manche Stücke über viele Jahre hinweg Bestand haben. Nicht alle Stücke bleiben – aber die Lieblinge meiner Kund:innen tun es. Über zehn Jahre hinweg entsteht so eine Art Essenz, eine Sammlung von Formen, die sich bewährt haben und immer wieder nachgefragt werden.
Ich mag am zeitlosen Design besonders den Gedanken, dass manche Formen der Zeit entrissen sind. Gerade meine geometrischen Elemente – Kreise, Quadrate, Linien – tragen keine Jahreszahl. Sie sind universell, sie existieren in der Natur, in unserem Körper, in unserer Wahrnehmung. Ein Kreis ist und bleibt ein Kreis. Solche Formen verlieren nie ihre Gültigkeit.
Meine Stücke folgen keinen Trends, sondern entstehen aus einem gedanklichen System mit klaren Regeln. Und das sorgt dafür, dass sie auch nach Jahren nicht veralten.
Aus Marketingsicht ist mir ausserdem wichtig, dass meine Kund:innen sich Zeit nehmen dürfen, ein Schmuckstück zu entdecken. Ich möchte keinen Druck erzeugen – kein “jetzt oder nie”. Wer sich in ein Stück verliebt, soll die Möglichkeit haben, es auch Monate später noch zu finden. Diese Ruhe, diese Beständigkeit, ist für mich ein zentraler Teil von zeitlosem Design.

Von Kollektion A bis heute – gibt es ein Schmuckstück, das für dich persönlich eine besondere Bedeutung hat? Welche deiner eigenen Stücke trägst du selbst regelmäßig – und warum gerade diese?
Das ist eine gute Frage. Ich trage tatsächlich sehr viel Schmuck aus meinen eigenen Kollektionen – und ich wechsle oft. Es gibt aber ein paar Stücke, zu denen ich immer wieder zurückkehre.
Im Moment trage ich fast täglich den Armreif H 479, weil ich seine wellige Form unglaublich spannend finde. Diese Kollektion war für mich ein Wendepunkt – ich habe darin meine eigene Formelsprache zum ersten Mal bewusst gebrochen. Heute wirkt das ganz selbstverständlich, aber damals war es ein grosser Schritt.
Ein weiteres Stück, das ich fast immer trage, ist der Ring F 264. Er ist für mich fast perfekt – ein schwebender Kreis auf der Hand. Dann gibt es den Ring C 229, den ich oft am Zeigefinger trage. Er ist sehr bequem, stark in der Form und ein Stück, mit dem ich auch gerne einfach spiele.
Meine kleinen Hoop Earrings E 648 gehören ebenfalls zu meinen täglichen Begleitern – schlicht, klar, und sie passen einfach immer. Und dann habe ich noch einen Diamantring aus Fairtrade-Gold am kleinen Finger, der mir sehr viel bedeutet.
Zurzeit trage ich auch schon ein Stück aus der kommenden Kollektion – ein neues Armband, das mir sehr am Herzen liegt. Und natürlich gibt es Klassiker wie den Armreif B 419 oder den C 422, die für mich persönlich echte Favoriten sind.
Ich mache meinen Schmuck in erster Linie, weil ich ihn selbst tragen möchte – und freue mich jedes Mal, wenn Kund:innen genau das auch spüren.

Du hast mit internationalen Concept Stores gearbeitet, bei Museen ausgestellt und sogar eine Fine Gold Collection mit Labordiamanten eingeführt. Was war für dich persönlich der mutigste Schritt in diesen zehn Jahren?
Der mutigste Schritt war für mich ganz klar während der Pandemie. Mein ganzes Business war bis dahin auf den Direktverkauf über Messen aufgebaut. Ich liebe den persönlichen Kontakt mit meinen Kund:innen – das war immer mein Weg. Doch plötzlich gab es keine Messen mehr, und auch das Tragen von Schmuck spielte in dieser Zeit kaum eine Rolle. Das war ein harter Einschnitt, und ich habe stark gezweifelt, wie es weitergehen kann.
Ich habe mir in dieser Phase einen anderen Job gesucht, fleißig Geld gespart und einfach nicht aufgegeben. Ich wollte meinem Label treu bleiben – und mir gleichzeitig neues Wissen aneignen. Diese Zeit hat mir unglaublich viel beigebracht.
Mein mutigster Schritt war dann, ein Crowdfunding zu starten. Über hundert Menschen haben mich unterstützt – dadurch konnte ich 2021, trotz hoher Schulden, eine neue Kollektion gestalten. Mit dieser Kollektion bin ich auf der Blickfang Basel wieder gestartet – mit neuer Energie, mit Erfahrung, und mit dem festen Willen, weiterzumachen.
Seitdem gebe ich Vollgas – mit beiden Labels. Und ich bin dankbar, dass ich damals den Mut hatte, dranzubleiben, neu anzufangen und meinen Weg weiterzugehen.
Was war rückblickend die größte Herausforderung in diesen zehn Jahren – und wie bist du damit umgegangen? Gab es Momente, in denen du ans Aufhören gedacht hast? Was hat dich weitermachen lassen?
Die grösste Herausforderung in diesen zehn Jahren war sicherlich die Pandemie – sie hat alles verändert. Aber auch schon ganz am Anfang, 2015, kurz nach meinem Start, gab es ein grosses Erdbeben in Nepal, das die Zusammenarbeit mit meinen Werkstätten massiv erschwert hat. Und in den Jahren danach kamen immer wieder Situationen, die schwierig waren – politische Unruhen, Streiks, Verzögerungen. Trotz all dieser Momente habe ich nie ans Aufhören gedacht – aber an Veränderung, ja. Ich habe immer wieder Phasen gehabt, in denen ich mich gefragt habe, wie ich meine Arbeit weiterentwickeln kann, damit sie für mich Sinn ergibt und lebendig bleibt.
Heute, im zehnten Jahr, ist es manchmal nicht mehr so leicht, die gleiche Euphorie zu spüren wie am Anfang. Aber ich bin überzeugt: die Welt braucht gutes Design, braucht Dinge mit Bedeutung, mit Handwerk, mit Substanz. Was mich manchmal nachdenklich stimmt, ist, dass viele Menschen ihren Fokus auf digitale, schnelllebige Dinge richten – auf Konsum ohne echten, physischen Wert. Das kann entmutigend sein. Aber es hält mich nicht auf.
Ich versuche, meinen Weg Tag für Tag weiterzugehen – bewusster, flexibler, offener für Veränderung. Denn Design bleibt für mich ein Ausdruck von Haltung, und genau das treibt mich an, weiterzumachen.



Du arbeitest seit Jahren eng mit einem Workshop-Team in Nepal zusammen – wie ist diese Zusammenarbeit entstanden?
Die Zusammenarbeit mit meinem Team in Nepal hat 2013 begonnen. Damals hatte ich ein Stipendium des Deutschen Bundesministeriums im Bereich nachhaltiges Design und habe ein halbes Jahr in Kathmandu gelebt. In dieser Zeit habe ich mir viele Werkstätten angesehen, um mehr über das lokale Handwerk und die Arbeitsbedingungen zu erfahren.
Eines Tages – das war im September 2013 – bin ich den Kontakt einer Freundin in die Goldschmiedewerkstatt gelaufen, mit der ich bis heute zusammenarbeite. Ich war sofort fasziniert von der Präzision und der Ruhe, mit der dort gearbeitet wurde. Ich habe dann meine ersten kleinen Schmuckstücke anfertigen lassen – einfach, um etwas auszuprobieren. Und aus diesem Moment ist über die Jahre alles entstanden, was heute FELIX DOLL ist.
Ich arbeite zum Teil noch immer mit denselben Handwerkern, denselben Produktleitern und denselben Werkstattleitern zusammen. Diese Kontinuität bedeutet mir unglaublich viel.
Ich bin jedes Jahr mindestens einen Monat in Nepal, um gemeinsam mit dem Team an neuen Kollektionen zu arbeiten – heute auch an Kollektionen für mein zweites Label OBO, das ich seit 2018 aufbaue. Es ist eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit, die weit über reines Produzieren hinausgeht. Wir kennen uns gut, wir lernen voneinander – und genau das macht diese Partnerschaft so besonders.
Neben FELIX DOLL läuft auch das Schwesternlabel obo sehr erfolgreich. Wie unterscheiden sich die beiden Labels für dich – und wo berühren sie sich?
OBO ist 2018 aus einem starken inneren Bedürfnis entstanden. Bei FELIX DOLL habe ich mir von Anfang an ein sehr klares Regelwerk gegeben – eine präzise Formensprache, die stark reduziert und konsequent ist. Das ist für mich als Designer wichtig, aber manchmal auch einschränkend, weil ich unglaublich viele Ideen habe und Farbe und Muster liebe.
OBO ist daraus entstanden – als eine Art kreativer Spielplatz, auf dem ich mich freier bewegen kann. Der Name bedeutet „Wegweiser“, und genau das ist es für mich auch: ein Weg, meine verspieltere, farbenfrohere Seite auszuleben. Gleichzeitig wusste ich, dass es für preisgünstigere, handgefertigte Schmuckstücke einen grösseren Markt gibt, der weniger streng designorientiert ist.
FELIX DOLL steht für Klarheit, Präzision und Beständigkeit, während OBO für Freude, Farbe und Leichtigkeit steht. Und doch sind die beiden Labels eng miteinander verbunden. Ich arbeite bei beiden mit denselben Partnern in Nepal – mit der Goldschmiedewerkstatt für den Silberschmuck und mit einer Frauenkooperation, die für OBO die Glasperlenschmuckstücke fertigt. Beide Werkstätten kennen sich gut und arbeiten teilweise sogar zusammen.
Das Schöne ist, dass sich meine beiden Labels gegenseitig ergänzen. Wer genau hinschaut, erkennt auch die Gemeinsamkeiten – in der Formensprache, in den Mustern, in der Haltung. Es ist manchmal verrückt, zwei Marken gleichzeitig zu führen, aber es fühlt sich richtig an. Ohne OBO hätte ich meine kreative Balance verloren, und ohne FELIX DOLL würde mir die Tiefe fehlen. Ich bin sehr dankbar, dass ich beides leben kann – und dass beide Wege funktionieren.

Wenn du einen Wunsch für die nächsten zehn Jahre frei hättest – für dich, für das Label und für die Designwelt: Wie würde er lauten?
Einen einzelnen Wunsch zu formulieren, fällt mir gar nicht so leicht – es sind eigentlich viele kleine Wünsche, die zusammengehören.
Für mich persönlich wünsche ich mir, dass ich in den nächsten zehn Jahren in Ruhe und Freiheit meiner Liebe zum Design nachgehen kann. Ohne Druck, in meinem eigenen Rhythmus – mit Raum für all die anderen Projekte, die mich ebenfalls begeistern. Ich wünsche mir, dass ich weiterhin auf Messen Menschen treffe, die Freude daran haben, Schmuck zu erleben, ihn anzuprobieren, zu fühlen – und dass der direkte Kontakt nicht völlig vom Digitalen verdrängt wird.
Für die Designwelt wünsche ich mir mehr Haltung, mehr Mut, mehr Konsequenz. Dass wir uns nicht immer nur am Leichten und Oberflächlichen orientieren, sondern uns wieder trauen, Dinge auszuprobieren, die vielleicht unbequem sind, die Ecken und Kanten haben.
Ich wünsche mir eine Rückkehr zur Freude am Experiment, an echten Materialien, an haptischen Erlebnissen. Design ist für mich etwas Sinnliches, etwas, das man spüren muss. Und ich hoffe, dass wir das in Zukunft nicht vergessen – und uns wieder mehr trauen, mit Herz, Verstand und Neugier zu gestalten
Felix kannst du übrigens persönlich in seinem Ladengeschäft in Zürich oder an der BLICKFANG Zürich kennenlernen, noch mehr über seine Geschichte und ihre Produkte erfahren und diese natürlich direkt kaufen. Hier geht es direkt zu den den Tickets!
Lust noch mehr Labels besser kennenzulernen? Dann schau jetzt in unserem Journal vorbei und lass dich inspirieren!