Designpreis Jury Zürich 2025

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Für echte Gewinnertypen

Auf jeder BLICKFANG wird der Designpreis in den Kategorien „Möbel & Produktdesign“, „Mode“ sowie "Accessoires" verliehen.

Der Designpreis ist auch dieses Jahr wieder ein Highlight im Programm der BLICKFANG: Die besten gestalterischen Produkte und Konzepte werden unter Berücksichtigung einer besonders ansprechenden Präsentation ausgezeichnet. Für die Auswahl ist eine hochkarätige Fachjury verantwortlich.

Der Designpreis wird von der D.E.S.I.G.N. Foundation gefördert.

Die Fachjury der BLICKFANG Zürich 2025:

Roger Furrer I Brand Curator und Gründer von Studio Lookout

Roger Furrer ist Brand Curator und Gründer von Studio Lookout, einer Plattform für Design, Architektur und gesellschaftliche Transformation. Nach zehn Jahren als Global Director bei LAUFEN Bathrooms kuratiert er heute Projekte an der Schnittstelle von Marke, Kultur und Kreislaufdenken. Mit seinem Ansatz als „Chief Design Officer as a Service“ schafft er Räume für Verbindungen, Inspiration und neue Perspektiven – von Care-Initiativen bis zu internationalen Designformaten.

1. Was macht für dich zeitgemäßes und relevantes Design aus?

Für mich ist Design zeitgemäss und relevant, wenn es mehr ist als Form und Funktion. Es muss Resonanzräume schaffen – zwischen Menschen, Materialien und Kontexten. Relevantes Design denkt in Kreisläufen, respektiert Herkunft und Ressourcen und bleibt zugleich offen für neue Perspektiven. Es verbindet Haltung mit Wirtschaftlichkeit und erzählt eine Geschichte, die über den Moment hinaus Bestand hat.

2. Welches Designstück oder Label hat dich in letzter Zeit besonders inspiriert – und warum?

Projekte, die aus Tradition Zukunft formen, faszinieren mich. Ein Beispiel ist der Schweizer Rosshaarmatratzenhersteller und Designer Daniel Heer, der in Berlin zeigt, wie Handwerk und Haltung ineinandergreifen können. Hier verbinden sich Handwerk, Materialwissen und kulturelles Gedächtnis zu einem Produkt, das in unserer Gegenwart wieder Sinn macht. Solche Arbeiten zeigen, wie Design Identität stiften und zugleich nachhaltig wirken kann.

3. Wo siehst du die spannendsten Entwicklungen im Möbel- bzw. Mode-Design der kommenden Jahre?

Im Spannungsfeld von Kreislaufwirtschaft, Bioregionalität und Inklusivität. Möbel und Mode werden nicht mehr als fertige Objekte gedacht, sondern als Teil größerer Systeme – von Materialkreisläufen über lokale Wertschöpfung bis hin zu sozialer Verantwortung. Spannend wird es dort, wo Design nicht nur Produkte hervorbringt, sondern ganze Lebensweisen neu denkt.

4. Die BLICKFANG ist für die Designszene hier wichtig, weil…

…sie eine Brücke schlägt zwischen Designer:innen, Produzent:innen und Publikum. Sie schafft Sichtbarkeit für unabhängige Labels und macht die Vielfalt zeitgenössischen Designs erfahrbar – nicht im geschlossenen Elfenbeinturm, sondern mitten in der Stadt, mitten im Leben.

5. Welchen Rat gibst du jungen Designer:innen mit auf den Weg?

Habt Mut, euren eigenen Weg zu gehen, und verliert dabei nie die Haltung. Beobachtet genau, was Menschen wirklich bewegt, und bleibt neugierig auf andere Disziplinen – denn die spannendsten Ideen entstehen oft an den Schnittstellen. Und: Versteht Design nicht nur als Objekt, sondern als Möglichkeit, Verbindungen und neue Perspektiven zu schaffen.

Simone Züger I Designerin, Künstlerin & Unternehmerin

© J. Weiberl 

Mit ihren unkonventionellen Kreationen schlägt Simone Züger eine Brücke zwischen Kunst und Design, sichtbar in Werken von Malerei über Wohnobjekte bis hin zu textilen und raumgreifenden Installationen. Ihre Arbeiten bewegen sich zwischen Galerie und Wohnraum, zwischen Funktion und Poesie – sinnlich, skulptural und voller Haltung. Die gebürtige Appenzellerin lebt und arbeitet in Zürich, wo sie 2015 ihr eigenes Designstudio gründete und neben Kundenprojekten eigene künstlerische Arbeiten realisiert. Seit Beginn ihrer Karriere ist Simone Züger eine Aktivistin für Gleichberechtigung: Sie initiierte eine Gesprächsreihe zur Vernetzung von Frauen in der Kreativwirtschaft, war im Vorstand der Medienfrauen Schweiz tätig und ist Mitgründerin des Fintech-Startups ellexx, das Frauen den Zugang zu Finanzthemen erleichtert.

1. Was macht für dich zeitgemäßes und relevantes Design aus?

Zeitgemässes Design trägt Verantwortung – gegenüber der Gesellschaft, der Umwelt und den Menschen, die damit leben. Nachhaltigkeit ist für mich kein Trend, sondern eine Haltung. Relevantes Design erfüllt nicht nur eine Funktion, sondern berührt auch die Seele. Mich interessiert es, jenseits gängiger Strömungen Leben in die Umgebung von Menschen zu bringen. Ich spiele gerne mit der Balance zwischen Funktion, Ästhetik und Emotion – unabhängig vom Material oder Medium. Ein gutes Designobjekt darf ruhig ein Liebhaberobjekt sein, das Menschen über lange Zeit begleitet.

2. Welches Designstück oder Label hat dich in letzter Zeit besonders inspiriert – und warum?

Ich bin von sehr talentierten Designer:innen in meinem Umfeld umgeben – zum Beispiel von der Keramikkollaboration zwischen Mara Tschudi und PUUL Ceramics. Ihre Arbeit zeigt, wie sensibel Materialität, Farbe und Form ineinandergreifen können. Diese Verbindung von Kunst, Handwerk und emotionalem Ausdruck berührt mich – weil sie zeigt, wie Design Poesie und Funktion zugleich sein kann.

3. Wo siehst du die spannendsten Entwicklungen im Möbel- bzw. Mode-Design der kommenden Jahre?

Ich wünsche mir eine Bewegung hin zu mehr Individualität, Charakter und Eigensinn – weg von der Massenproduktion. Wohnräume und Objekte brauchen Persönlichkeit, um den vielfältigen Lebensstilen gerecht zu werden. Zu viele Einrichtungen sehen gleich aus. Je mehr Poesie, Haltung und Eigenwilligkeit ein Entwurf zulässt, desto lebendiger und vielfältiger wird die gestaltete Welt.

4. Die BLICKFANG ist für die Designszene hier wichtig, weil…

…sie Raum schafft, um Neues zu entdecken, sich zu zeigen, auszutauschen und voneinander zu lernen. Sie bringt Designer:innen, Hersteller:innen und Konsument:innen auf eine sehr persönliche Art zusammen – jenseits des anonymen Onlinehandels. Das macht sie zu einem wichtigen Ort für Begegnung, Inspiration und Gemeinschaft.

5. Welchen Rat gibst du jungen Designer:innen mit auf den Weg?

Den Mut haben, Vertrautes zu verlassen und ins Unbekannte einzutauchen – denn nur so wird das Leben und das Gestalten zum Abenteuer. Kennt eure Werte, eure Stärken und auch eure Schwächen. Der Designprozess ist immer auch ein persönlicher Entwicklungsprozess: Wir formen nicht nur Objekte, wir formen uns selbst. Je besser man sich kennt, desto klarer wird die eigene Haltung – und darin liegt die Kraft, wirklich Neues und Eigenes zu schaffen.

Martin Meyer I Gründer von EINZIGART

Mit EINZIGART eröffnete Martin Meyer vor fast zwanzig Jahren einen der ersten Concept Stores Zürichs – und schuf damit einen Ort, an dem Design, Qualität und Zugänglichkeit aufeinandertreffen. Was einst mit eigenen Produkten begann, ist heute eine feste Größe für stilvolle Wohnaccessoires und Möbel, oft mit skandinavischem Einfluss und Fokus auf Langlebigkeit.

Neben den Zürcher Standorten ist EINZIGART inzwischen auch in Luzern und Aarau vertreten. Martins Anspruch bleibt dabei derselbe: ehrliche Nachhaltigkeit, ein herzliches Einkaufserlebnis und ein Sortiment, das inspiriert – ganz im Sinne des Namens: einzigart.

1. Was macht für dich zeitgemäßes und relevantes Design aus?

Zeitgemässes Design soll langlebig und nachhaltig sein, in der Herstellung und im Design.

2. Welches Designstück oder Label hat dich in letzter Zeit besonders inspiriert – und warum?

Phantom Hands produziert in Bangalore handgefertigte Möbel aus dem Projekt Chandigarh, einer Hommage an die modernistischen Möbel, die von einem Kollektiv unter der Leitung von Pierre Jeanneret für die Stadt Chandigarh entworfen wurden.

3. Wo siehst du die spannendsten Entwicklungen im Möbel- bzw. Mode-Design der kommenden Jahre?

Die Nachfrage nach hochwertigen und handgefertigten Möbel oder Objekte findet vermehrt wieder Anklang.

4. Die BLICKFANG ist für die Designszene hier wichtig, weil…

...sie jungen Designer:innen eine gut besuchte Plattform bietet.

5. Welchen Rat gibst du jungen Designer:innen mit auf den Weg?

Immer dranbleiben und seinen Weg verfolgen. Design muss nicht nur schön sein sondern auch funktional – super normal.

PATRICK PIERAZZOLI I Chefredakteur von FACES

FACES im Tivo

Patrick Pierazzoli wurde am 24. Oktober 1966 in London geboren und wuchs in der Schweiz auf. Er ist verheiratet und hat eine Tochter. Bis 1995 arbeitete er in der elterlichen Mode-Großhandelsfirma, bevor er 1997 gemeinsam mit seinem Bruder eine Agentur für Webdesign und Online-Marketing gründete. Nach dem Verkauf der Agentur im Jahr 2001 erfüllten sich die beiden einen lang gehegten Jugendtraum und riefen das Magazin FACES ins Leben. Bis heute ist Patrick Pierazzoli Chefredakteur des Magazins, das monatlich mit eigenen Ausgaben in der Schweiz, Deutschland und Österreich erscheint – sowie mit einer internationalen, englischsprachigen Ausgabe, die weltweit vertrieben wird.

1. Was macht für dich zeitgemäßes und relevantes Design aus?

Zeitgemäßes und relevantes Design zeichnet sich für mich durch drei eng miteinander verwobene Dimensionen aus: Haltung, Kontext und Sinnlichkeit.

Relevantes Design hat immer eine klare innere Haltung. Es entsteht nicht aus dem Wunsch, „schön“ zu sein, sondern aus dem Bedürfnis, etwas Bedeutsames zu schaffen. Designer müssen Position beziehen, zu Nachhaltigkeit, Ethik, sozialer Verantwortung oder technologischer Innovation. Ein Objekt ohne Haltung ist austauschbar.

Zeitgemäßes Design versteht den Kontext, in dem es entsteht. Es reagiert auf gesellschaftliche, ökologische und technologische Entwicklungen. Es ist nicht nostalgisch, sondern resonant - es schwingt mit seiner Zeit mit, ohne ihr blind zu folgen.

Und schließlich braucht Design Sinnlichkeit. Diese subtile Verbindung aus Material, Proportion, Haptik und Emotion, die ein Objekt „lebendig“ macht.
Zeitgemäßes und relevantes Design ist kein Stil, sondern eine Haltung zur Welt. Es ist bewusst, verantwortungsvoll, poetisch, und vor allem menschlich.

2. Wo siehst du die spannendsten Entwicklungen im Möbel- bzw. Mode-Design der kommenden Jahre?

Alles wird spannend in den kommenden Jahren. Digitale Tools und KI verändern das Design fundamental, und das nicht nur in der Entstehung: digitale und physische Welten verschmelzen zunehmend. 

Mode- und Möbeldesign befinden sich an einem Wendepunkt: Weg vom reinen Objektdenken, hin zu Systemen, Ritualen und Atmosphären. Wir erleben ein radikales Umdenken in der Materialkultur. Und man sieht eine Rückkehr zur taktischen Sinnlichkeit: weniger Dekor, mehr Atmosphäre. Mode und Möbel werden wieder zu Trägern von Werten: Zeit, Herkunft, Handwerk und Verantwortung zählen.

Insgesamt wird das Design der kommenden Jahre weniger um Objekte, als um Haltungen kreisen. Es wird leiser, intelligenter, zirkulärer, und menschlicher.

Die relevantesten Designerinnen und Designer verstehen heute, dass Gestaltung ein kultureller Akt ist - eine Sprache, um über Gesellschaft zu sprechen. 

3. Die BLICKFANG ist für die Designszene hier wichtig, weil…

Design entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern im Gespräch zwischen Menschen, Disziplinen und Generationen. Begegnung und Dialog sind das soziale Fundament des Designs. Regionale Messen und Märkte schaffen genau diesen Raum des Austauschs, den kein Algorithmus ersetzen kann. Sie verbinden globale Trends mit lokaler Substanz, schaffen Nähe, fördern Vielfalt und halten Design als soziales Gebilde lebendig.

Man könnte meinen, physische Designmessen oder lokale Märkte hätten in einer globalisierten, digital vernetzten Welt an Bedeutung verloren, aber das Gegenteil ist der Fall: sie sind essentiell für die Vitalität, Glaubwürdigkeit und Identität der Designszene.

4. Welchen Rat gibst du jungen Designer:innen mit auf den Weg?

Entwickle eine Haltung, keinen Stil. Viele beginnen und wollen „ihren Stil“ finden. Doch Stil ist das Ergebnis, nicht der Anfang. Wenn du weißt, wofür du gestaltest, was du glaubst, welche Welt du mitgestalten willst, dann ist eine klare Haltung ist wie ein innerer Kompass und hilft dir, Entscheidungen zu treffen, auch wenn der Markt laut oder unübersichtlich wird. Wenn du Haltung hast, formt sich Stil von selbst: glaubwürdig, natürlich, eigen.

5. Welches Designstück oder Label hat dich in letzter Zeit besonders inspiriert – und warum?

Jil Sander + Thonet Collaboration

Dass es sowohl bei Jil Sander als auch bei Thonet nicht um spektakuläre Showeffekte geht, ist klar. Die subtile Neuinterpretation historischer Klassik in einem heute relevanten Kontext, die Reduktion sowie die Wahl der Materialien finde ich bemerkenswert.

Gufram + Charley Vezza

Gufram war ja schon immer ein Statement. Objekte wie der „Pratone“ oder die “Bocca”-Couch sind Klassiker des radikalen Designs. Wie spielerisch und provokativ Gufram unter der Führung von Charley Vezza in die Zukunft schreitet und zugleich verankert in seiner Geschichte bleibt, finde ich sehr spannend.

Avavav 

Was Beate Karlsson mit Avavav macht, finde ich bemerkenswert. Sie geht über Mode hinaus, macht Performance, Konzeptkunst und dekonstruiert Erwartungen zum Thema. Sie spricht eine mutige Sprache.

Teenage Engineering

Teenage Engineering hat eine fast schon mythische Aura in der kreativen Szene erreicht. Ihre Geräte wirken wie Spielzeug, dennoch sind sie ernsthafte Werkzeuge. Die Schnittstellen sind oft minimal, ikonisch und dennoch intuitiv. Jedes Produkt trägt erkennbar die Handschrift der Marke: Formen, Farben, Typografie und Haptik sprechen eine gemeinsame visuelle Sprache. Design als Identität, als Verbindung von Emotionalem, Funktionalem und Ästhetik.

Soeder

Soeder verkörpert für mich, wie sich Beauty heute weiterentwickeln sollte: mit Substanz, Stil und bewusstem Design. Ihre Produkte wirken reduziert, sauber, fast klinisch, mit einer ruhigen Wirkung. Soeder inszeniert Schönheit als etwas, das mit Erinnerung, Natur und Achtsamkeit zu tun hat, nicht mit Effekthascherei.

Byredo 

Byredo steht beispielhaft für Duft als Designmedium. Nicht nur als Produkt, sondern als sinnliche Botschaft im Raum. Es geht nicht einfach darum, gut zu duften, sondern um Geschichten, Erinnerungen, emotionale Metaphern, die sich mit der Zeit entfalten. Die Flakons sind minimalistisch, klar, mit einem Fokus auf Proportion und Typografie. Verpackung und visuelle Identität stützen den Charakter der Düfte, ohne sich in Überfluss zu verlieren.

🎧 Podcast-Tipp: Studio Lookout Salon x BLICKFANG Zürich

Wie sieht gute Gestaltung im Jahr 2025 aus – zwischen Markt, Haltung und Identität?
In einer neuen Folge des Studio Lookout Salon Podcasts, produziert in Kooperation mit der BLICKFANG Zürich, diskutieren Host Roger Furrer (Brand Curator, Studio Lookout, Jury BLICKFANG Zürich 2025), Designerin Simone Züger (Simone Züger Design Studio, Jury BLICKFANG Zürich 2025) und Daniel T. Maurer (CEO WOGG) über die Verantwortung, Sinnlichkeit und Zukunftsfähigkeit von Design als kulturelle Praxis.

Die Folge wirft einen inspirierenden Blick hinter die Kulissen des zeitgenössischen Designs:
über Haltung und Materialwahl, über Reduktion als ästhetischen wie ethischen Akt, über die Verbindung von Handwerk und Technologie – und darüber, warum gutes Design leise spricht, aber lange bleibt.

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