Alte Skateboards, neue Ideen: Wie bei Ronske aus Verschleiß Design entsteht 

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Aron beim Skaten

Es gibt Materialien, die Geschichten in sich tragen – und dann gibt es Aron Gaspar, der diese Geschichten auf besondere Weise in Szene setzt. Aus gebrauchten Skateboards entstehen in seiner Werkstatt Möbel und Accessoires, bei denen man die Spuren der Nutzung nur erahnt. Jedes Stück erzählt von seiner Vergangenheit, ohne aufdringlich zu sein, und verbindet Handwerk, Design und Skate-Kultur zu überraschenden, zeitlosen Objekten. Wir haben mit Aron über seinen Weg, seine Leidenschaft für Material und Handwerk und seine Vision für das Label Ronske gesprochen – und dabei erfahren, wie viel Kreativität und Intuition in jedem einzelnen Stück steckt. 

Ein Tisch von Ronske

Deine Produkte entstehen aus gebrauchten Skateboards. Was fasziniert dich an diesem Material und warum hast du daraus ein eigenes Label aufgebaut?

„Eigentlich kommt alles davon, dass ich selbst Skater bin. Ich skate seit meinem zehnten Lebensjahr und habe nach meiner Handwerkslehre immer schon Skater-Rampen gebaut. Irgendwann habe ich mir gedacht: Was könnte man eigentlich mit all den kaputten Boards machen, die sich im Zimmer oder Keller stapeln? Wegwerfen wollte ich sie nicht – und dann fiel mir auf, dass das Holz eigentlich sehr hochwertig ist, aus sieben Lagen Ahorn. Es wäre viel zu schade, das einfach zu entsorgen. 

Ein Freund, ebenfalls Skater, und ich haben uns bei einem Bier darüber unterhalten und angefangen, die Boards aufzusägen, um zu sehen, wie das Material ist. Erst als Hobby. Aber schon mit den ersten zwei Aufträgen merkte ich: Das gefällt den Leuten tatsächlich. Als mein Freund dann für sein Studium nach Deutschland ging, habe ich entschieden, das Projekt alleine weiterzuführen – nicht mehr nur als Hobby, sondern als richtiges Label.“ 

Aron beim Verstauen von gebrauchten Skateboards.
Aron von Ronske

Und heute – siehst du dich eher als Designer oder bist du immer noch stark in der Skateszene verwurzelt?

„Ich bin beides. Auch heute gehe ich noch regelmäßig skaten, manchmal mehrmals die Woche. Viele denken, dass man diese Arbeiten nur aus dem Design heraus machen kann, aber es funktioniert wirklich nur, wenn man selbst einen Bezug zur Skateszene hat. Alte Boards bekommst du nicht einfach so – man muss die Leute kennen, mit denen man sich austauscht. Ich bin also noch fest in der Szene verankert und gleichzeitig Designer.“

Wie hast du dir das Wissen und die Fähigkeiten angeeignet, um aus Skateboards Möbel zu machen? 

„Ich habe eine Lehre als Maler gemacht, alles andere habe ich mir selbst beigebracht – Schritt für Schritt, durch Ausprobieren und mit viel Geduld. So konnte ich mir einen eigenen Stil entwickeln und gleichzeitig ein tiefes Verständnis für das Material und die handwerklichen Techniken gewinnen.“ 

Viele Menschen sehen Skateboards nur als Sportgerät. Wie reagieren die Leute, wenn sie erfahren, dass deine Produkte daraus entstehen? 

„Meistens sind die Leute sehr überrascht. Ich verarbeite die Boards so, dass das ursprüngliche Skateboard kaum erkennbar ist. Man sieht nur den Querschnitt – viele Menschen erkennen manchmal gar nicht sofort, dass es sich um Skateboards handelt. Erst wenn ich erkläre: ‚Es ist Ahornholz, hochwertig, nur nicht mehr zum Sport geeignet‘, beginnt der kleine Überraschungsmoment. Für mich ist das immer ein schöner Augenblick, weil man merkt, wie anders die Wahrnehmung sein kann.“ 

Die Gebrauchsspuren auf den Boards erzählen ja auch eine Geschichte. Spielt diese bei deinem Design eine Rolle?

„Direkt sichtbar sind die Spuren meist nicht, weil ich Produkte schaffen will, die zeitlos sind und einer breiten Masse gefallen – nicht nur Skatern. Aber die Geschichte fließt ein, wenn ich sie erzähle. Zum Beispiel: Für einen Tisch werden 20 alte Skateboards verwendet, die jeweils unterschiedlichen Skatern gehört haben. Das erzeugt einen kleinen Dialog über das Material, seine Nutzung und den persönlichen Wert. Manchmal lasse ich Bruchstellen bewusst sichtbar, zum Beispiel bei Bänken, damit man den Verlauf des Holzes erkennt – wie eine kleine Welle. So bekommt das Produkt einen subtilen Charakter, der die Geschichte des Boards bewahrt.“

Schüsseln von Ronske mit dem typischen Skateboard-Muster.
Verschiedene Schichten des Skateboard-Holzes werden niedergedrückt.

Upcycling spielt also eine zentrale Rolle. Was bedeutet das für dich persönlich?

„Es ist authentisch. Recycling und Upcycling liegen im Trend, aber bei mir ist es ehrlich. Ich probiere nachhaltig zu leben, fange aber bei mir selbst an. Bei Skateboards habe ich gesehen, dass der Verschleiß sehr hoch ist – ein Deck kann nach wenigen Tagen brechen. Warum also verschwenden, was noch hochwertig ist? Dieses Material weiterzuverwenden, das war mein Ansporn – Recycling beginnt bei der eigenen Haustür.“

Und die Langlebigkeit deiner Möbel – wie stellst du die sicher?

„Ich arbeite ausschließlich mit heimischen Hölzern, achte auf Qualität und darauf, dass die Möbel robust sind. Gerade bei Skateboards musste ich viele Schritte selbst entwickeln, um sicherzustellen, dass alles hält. Das war ein Lernprozess, der mit jedem Stück besser wurde.“

Wie läuft dein Designprozess konkret ab?

„Nachdem ich die Boards gesammelt habe, entferne ich das Griptape und schleife beide Seiten. Alles weitere entsteht sehr intuitiv. Ich sehe ein Stück Holz, überlege, wie ich es gestalten kann, und probiere direkt aus. Oft kommen Inspirationen auch unterwegs: ein Treppengeländer, ein Restaurantmöbelstück oder eine architektonische Form – die Idee formt sich spontan. Ähnlich wie beim Skaten beobachte ich die Umgebung, entdecke Formen und Übertragungsmöglichkeiten, die dann in meine Möbel einfließen.“

Woher kommen die Skateboards?

„Am Anfang nutzte ich meine eigenen Boards. Mit der Zeit habe ich Freunde gefragt, über Social Media Aufrufe gestartet – die Leute wussten, dass ich Skateboards recycele. Heute schicken sie mir ihre Boards von alleine. Mein Ziel ist, eine Anlaufstelle für Skateboard-Recycling zu werden, nicht nur lokal, sondern europaweit.“

Ein Tisch von Ronske platziert im Wohnzimmer
Ein Tischbein von Ronske, an dem der besondere Skateboard-Querschnitt ersichtlich wird

Wie sieht es mit Aufträgen aus?

„Ich habe Serienprodukte wie Side Tables oder Couchtische. Esstische entstehen meist auf Maß, individuell. Oft bringe ich die Ideen der Kund:innen ein – daraus entstehen spannende neue Produkte. Ein Beispiel: Eine Kundin wollte ein Wandbild aus Skateboardstücken für ein Treppenhaus mit Wendeltreppe. Mit LED-Hinterleuchtung und gebrochenen Elementen ist daraus ein sehr spezielles, einzigartiges Produkt geworden. Solche Aufträge hätte ich allein nie entwickelt.“

Was erhoffst du dir von der BLICKFANG?

„Mich erstaunt immer wieder, wie unbekannt mein Ansatz noch ist. Ich freue mich auf die Reaktionen der Besucher, auf diesen Überraschungsmoment, wenn sie sehen, dass es Skateboards sind. Gleichzeitig möchte ich Begeisterung für Recycling und ein Stück Skate-Kultur vermitteln.“

Und wie stellst du dir die Zukunft von Ronske vor?

„Ich hoffe, dass die Möbelserien wachsen und die Accessoires schneller verfügbar sind – perfekt für Geschenke oder kleinere Projekte. Gleichzeitig möchte ich immer wieder Neues ausprobieren, etwa durch Kollaborationen. Ein Beispiel war ein Skater aus Bern, mit dem wir alte Skateboards zu neuen Brettern verarbeitet haben. Eine weitere Idee wäre eine Zusammenarbeit mit einem Fahrradmechaniker, mit dem wir Holzschutzbleche aus Skateboards für Custombikes umsetzen könnten. So bleibt das Label innovativ und flexibel, während die Aufträge stabil laufen.“

An der BLICKFANG in Zürich kannst du Aron persönlich kennenlernen und hautnah erleben, wie seine Skateboard-Möbel Geschichten erzählen. Hier geht es zu den Tickets!

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