Historische Technik trifft zeitgenössisches Design

Interviews

Sie ist die einzige Designerin der BLICKFANG, die die historische Technik des Guillochierens für ihre Schmuckstücke verwendet. Dabei handelt es sich um eine fast in Vergessenheit geratene Gravier-Technik aus dem 17. Jahrhundert, die Juwelier Peter Carl Fabergé für seine berühmten Zaren-Eier zur Vollendung gebracht hatte: In eine Edelmetallplatte werden filigrane Muster aus feinsten Linien graviert. Jede Linie hat dabei eine unvergleichliche Brillanz und Tiefenwirkung.

Die Arbeit an den Maschinen selbst ist meditativ. Jede der unzähligen Linien eines Musters müssen mit denselben Handgriffen und Druckmustern umgesetzt werden. Sobald man nur eine Kleinigkeit schrittweise ändert, verändert sich auch das Ornament. Heute werden lediglich noch Luxusuhren mit guillochierten Zifferblättern ausgestattet. Eine Herausforderung ist, dass die Maschinen selbst ebenfalls historisch sind und weder sie noch die „Wellen“, der Mustereinsatz, weiter hergestellt werden. Christiane Köhne verwendet diese historische Technik für ihr zeitgenössisches Schmuckdesign.

Christiane, du betreibst dein Designlabel bereits seit rund 14 Jahren. Wie bist du eigentlich Schmuckdesignerin geworden?
Ich habe ganz klassisch zunächst eine Ausbildung zur Goldschmiedin nach der Schule gemacht. Ich suchte etwas Kreatives, etwas, das ich mit den Händen machen konnte. Deshalb habe ich einige Praktika gemacht, um zu sehen, ob das wirklich zu mir passt. Und es passte hervorragend. Ein reiner Bürojob wäre für mich tatsächlich die Hölle gewesen.

Während der Ausbildung war ich dann oft auf den Werkschauen der Hochschule Pforzheim, der Fakultät für Gestaltung, und bin dort dann richtig in das Schmuck-Universum mit all seinen Möglichkeiten eingetaucht. Für mich wurde immer klarer, dass ich dort Design studieren und viel tiefer in die Materie einsteigen möchte.

Was reizt dich besonders an deinem Beruf?
Ich mag es einfach, am Ende des Tages etwas in den Händen zu halten, das ich selbst hergestellt habe. Dass ich dabei meine eigenen Ideen umsetzen und maximal selbstbestimmt arbeiten kann. Dabei fasziniert mich, wieviel hinter den jeweiligen Schmuckstücken steckt, vor allem, wenn diese auf den ersten Blick ganz leicht, ganz filigran wirken.

Das passt auch sehr gut auf deine Kollektionen „KrissKross“, „Quadratur des Kreises“ oder „Gefalteten Linie“. Haben deine Kollektionen damit ein verbindendes Element?
Meine Kollektionen sind tatsächlich alle subtil, elegant. Mein Ziel ist es, dass alle meine Schmuckstücke immer etwas Besonderes sein sollten, mit einer eigenen Gestaltungssprache.

Das Besondere an meinen Kollektionen ist in meinen Augen vor allem aber die Verbindung von Handwerk und Design, auf die ich sehr stolz bin. Nicht nur der handwerkliche Aspekt ist mir wichtig, sondern eben auch der Gestaltungswert. Wir sagen auch bei einigen Auftragsarbeiten, dass wir Dinge nicht umsetzen werden, da es andere gibt, die es besser machen und es auch nicht zu uns passen würde. Wir haben unsere Nische, in der wir uns wohl fühlen und die unsere Kund:innen schätzen. Alles anzubieten würde unsere Arbeit und unsere Gestaltungslinie verwässern.

Für deine Kollektion „gefaltete Linie“ verwendest du die historische Technik des Guillochierens.  Und bist damit die einzige Designerin bei der BLICKFANG, die diese Technik verwendet. Wie bist du dazu gekommen?
Tatsächlich mit meiner Diplomarbeit an der Hochschule Pforzheim. Zu Pforzheim hat man ja oft ein zwiespältiges Verhältnis und das wollte ich mit meiner Arbeit „I Love Pforzheim“ aufgreifen und der Stadt eine zweite Chance geben.

Dafür habe ich mich z.B. in den Bus gesetzt und bin durch die Stadt gefahren. Im technischen Museum habe ich eine alte Guillochier-Maschine entdeckt und war sofort fasziniert. Für meine Diplomarbeit habe ich dann auch noch jemanden gefunden, der mir guillochierte Platten gefertigt hat und war seitdem hin und weg.

Wie ging es dann weiter?
Nach meinem Studium habe ich das Stipendium „Pforzheim revisited“ im Deutschen Technikmuseum Berlin bekommen und konnte drei Monate dort richtig die Technik studieren und die Maschinen bedienen. Das war ein Traum!

Das Faszinierende am Guillochieren ist, dass bei der Gravur jede Linie eine unvergleichliche Brillanz und Tiefenwirkung erhält. So werden auch auf den ersten Blick unscheinbare Schmuckstücke zu etwas Besonderem. Seit meiner Zeit in Berlin ist es mir auch ein Anliegen, wieder mehr alltagstauglichen Schmuck zu machen. Und ich wusste, ich möchte wieder mehr mit Edelmetallen arbeiten. So kam eines zum anderen.

Mit welchen Materialien arbeitest du heute am liebsten?
In den meisten Fällen ist es Silber, das ist auch mein liebstes Metall. Aber auch Eheringe in Gold zu guillochieren hat seinen Reiz. Da geht der Puls dann schon nach oben: Das muss einfach sitzen, da hat man keinen zweiten Versuch. Bei einer Silberplatte kann ich noch etwas variieren oder anschließend abtrennen, wenn eine Linie aus den Fugen geraten ist.

Hast du eigentlich ein Lieblingsschmuckstück?
Nicht so richtig. Ich arbeite sehr gerne an Eheringen, weil es sehr besondere Schmuckstücke sind. Sie begleiten den Träger jeden Tag, das ist sehr exklusiv. Und außerdem darf man am Glück der Menschen teilhaben! Was gibt es Schöneres?

Stücke für die Ewigkeit benötigen bestimmt auch besondere Pflege. Kannst du dazu Tipps gebe?Außer bei Gold würde ich sagen: Bitte die Stücke wie eine liebgewonnene Seidenbluse behandeln, also nicht alles damit machen. Zum Beispiel nicht mit scharfen Reinigungsmitteln putzen. Natürlich lagert sich immer auch Schmutz ab, dafür einfach in lauwarmes Seifenwasser legen und sanft abbürsten, Silber hingegen ist sehr aktiv, es läuft mit der Zeit einfach an. Bitte nun nicht einfach mit einem Poliertuch abbreiben. Auch winzige Staubkörner können die schöne Oberfläche beschädigen. Hier lohnt sich die Anschaffung eines Silberbades oder man bringt das Stück einfach zum Designer – wir kümmern uns gern darum.

Liebe Christiane, vielen Dank für deine Zeit und die Einblicke in dein Schaffen.  

Biografie  

  • Seit 2015: Ladengeschäft ‘Kabinett‘ mit Caro Weiss im Herzen Stuttgarts, in dem wir unseren handgefertigten Schmuck und Ledertaschen anderer kleiner, feiner Labels verkaufen
  • Seit 2015: Lehrauftrag für freies Zeichnen an der Hochschule Pforzheim, Fakultät für Gestaltung
  • 2013 – 2016: Werkstattgemeinschaft ‚Köhne & Weiss’ mit Caro Weiss im Stuttgarter Heusteigviertel
  • 2012: Stipendium „Pforzheim revisited“ im Deutschen Technikmuseum in Berlin
  • Seit 2008: arbeitet als freischaffende Designerin und Künstlerin im Bereich Schmuck, Malerei und Objekte im Raum Stuttgart
  • 2004 – 2008: Studium an der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim, Studiengang Schmuck und Objekte der Alltagskultur – Abschluss: Diplom Designer (FH)
  • 007: Praktisches Studiensemester bei ’Studio Job’ in Antwerpen, Belgien
  • 2001 – 2004: Ausbildung zur Goldschmiedin bei ’Jürgen Schneider Schmuckatelier’ in Pforzheim Abschluss: der Ausbildung mit der Gesellenprüfung und Zuerkennung eines Preises
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